
Am 3. Oktober feiert Deutschland 35 Jahre Wiedervereinigung. Ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen – vor allem mit Blick auf die Rolle von Frauen in der Arbeitswelt. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen: Seit 1991 ist die Erwerbstätigkeit von Frauen bundesweit um 30 Prozent gestiegen. Heute sind drei von vier Frauen berufstätig – eine Angleichung zwischen Ost und West, die lange als Meilenstein galt.
Doch während die Erwerbstätigenquote kaum Unterschiede zeigt, bleibt der Blick auf Einkommen und Gleichstellung ernüchternd. Zwar ist der Gender Pay Gap seit den 1990er-Jahren deutlich kleiner geworden, doch liegt er mit 16 Prozent noch immer hoch. Besonders im Westen besteht eine große Lücke: Frauen verdienen hier im Schnitt 17 Prozent weniger pro Stunde als Männer, im Osten sind es nur 5 Prozent.
Auch bei den Bruttolöhnen zeigt sich ein Gefälle. Zwar haben sich die Verdienste in Ostdeutschland seit 1991 vervielfacht, im Westen aber lediglich verdoppelt. Trotzdem beträgt der Abstand weiterhin mehr als ein Fünftel – 4.810 Euro im Westen stehen 3.973 Euro im Osten gegenüber. Die viel beschworene „Einheit“ bleibt in Geldfragen also unvollendet.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: die Verteilung von Care-Arbeit. Frauen übernehmen nach wie vor den Großteil der familiären Sorgearbeit, was sich in Teilzeitquoten, Karriereunterbrechungen und letztlich geringeren Renten niederschlägt. Die nackten Zahlen belegen, dass sich an den strukturellen Ursachen wenig geändert hat – trotz aller Fortschritte bei Erwerbsbeteiligung und Wirtschaftskraft.
35 Jahre nach der Einheit ist die Botschaft klar: Frauen leisten mehr, sie sind berufstätiger denn je, doch beim Einkommen und der gerechten Verteilung von Chancen hinkt Deutschland weiter hinterher. Ohne mutige politische Entscheidungen – von faireren Löhnen über eine bessere Vereinbarkeit bis hin zu echter Rentengerechtigkeit – droht die viel gefeierte Einheit für viele Frauen eine halbe zu bleiben.

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